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Der Energieausweis – Vorteil oder zusätzliche Bürokratie?

Kennen Sie den Unterschied zwischen Elektrogeräten und Gebäuden? Bei elektronischen Geräten erhält man relativ transparente Informationen über deren Energiebedarf, bei Gebäuden ist dies bislang kaum der Fall. Und das, obwohl die Heizkosten den Großteil der Nebenkosten einer Wohnung oder eines Hauses ausmachen. Doch mit dieser undurchsichtigen Situation soll nun Schluss sein.
Mit dem 01. Juli 2008 wird der so genannte Energieausweis, der bislang nur bei Neubauten und umfassenden Sanierung- oder Erweiterungsmaßnahmen ausgestellt wurde, bei einem Nutzerwechsel für Gebäude Pflicht. Damit ist dann für jedes Gebäude ein einheitliches Dokument über die energetische Qualität dieser Immobilie verfügbar. Damit werden folgende Ziele verfolgt:

  • Ausweis des Energiebedarfes von Häusern und Wohnungen
  • Verbesserung der Transparenz und Vergleichbarkeit im Immobiliensektor
  • Aufzeigen von Energiesparpotentialen
  • Bereitstellung von energierelevanten Informationen für die Sanierung von Gebäuden

Die Pflicht zur Ausstellung eines Energieausweises beruht auf einer EU-Richtlinie zur „Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden“, die alle Mitgliedstaaten zu umfassenden Maßnahmen zur Energie- und CO2-Einsparung im Immobilienbereich verpflichtet. Dabei gibt die Richtlinie lediglich einen allgemeinen Rahmen vor, der von den einzelnen Ländern individuell ausgestaltet wird.
Die Ausstellung erfolgt durch qualifizierte und/oder zugelassene Fachleute in unabhängiger Weise, wobei zwischen Neubauten und Bestandsgebäuden unterschieden wird. Während Energieausweise für Neubauten in der Regel nur durch Bauvorlagenberechtigte sowie bestimmte Sachverständige ausgestellt werden können, dürfen Ausweise für Bestandsgebäude im Falle von Nichtwohngebäuden von fachlich qualifizierten Hochschulabsolventen (z.B. Architekten) und im Falle von Wohngebäuden zusätzlich auch von zusätzlichen, qualifizierten Berufsgruppen wie Handwerksmeistern oder Technikern ausgestellt werden. Diese müssen zusätzlich noch eine der folgenden Voraussetzungen erfüllen:

  • Studienabschluss mit Studienschwerpunkt im Bereich des energiesparenden Bauens oder mind. zweijährige Berufserfahrung
  • Absolvierte Fortbildung nach den Vorgaben der EnEV (Anh. 11 EnEV 2007)
  • Allgemeine Bauvorlagenberechtigung nach Landesrecht. Sofern Einschränkungen der Bauvorlagenberechtigung vorliegen, gelten diese auch bei der Ausstellung von Energieausweisen.

Während der Energieausweis bei einem Neubau vom Architekten oder Planer zusammen mit dem Bauantrag eingereicht werden muss, wird ein derartiger Ausweis bei Bestandsgebäuden – wie eingangs erwähnt – nur bei einem Nutzerwechsel benötigt. Hierunter fällt der Verkauf, eine neue Vermietung oder Verpachtung sowie die Vergabe im Rahmen eines Leasingvertrages, wobei die Eigennutzung außen vor bleibt. Auch bei Gebäuden mit einer Nutzfläche von max. 50 m² entfällt die Pflicht eines Energieausweises.
Vermieter sollten folgendes beachten: Die Ausstellung eines Energieausweises ist eine Eigentümerpflicht, auch wenn der Ausweis nicht automatisch vorgelegt werden muss. Auf Verlangen muss der Vermieter das Dokument potenziellen Interessenten aber zugänglich machen, damit sich diese vor Vertragsabschluss ein Bild vom zu erwartenden Energieverbrauch machen können. Lediglich in öffentlichen zugänglichen Gebäuden mit einer Nettogrundfläche von mehr als 1.000 m² muss der Energieausweis gut zugänglich ausgehängt werden.
Der Energieausweis soll mit Inkrafttreten der EnEV 2007 für Bestandsgebäude in drei Schritten eingeführt werden. Demnach beginnt die Ausweispflicht für Wohngebäude, die bis 1965 erbaut wurden zum 1. Juli 2008. Gebäude die nach danach errichtet wurden, sind ab 1. Januar 2009 sowie Nichtwohngebäude ab 1. Juli 2009 ausweispflichtig.
Interessierte Eigentümer können sich aber schon jetzt einen Energieausweis ausstellen lassen und diesen 10 Jahre lang verwenden. Energieausweise gibt es übrigens immer nur für komplette Gebäude und nicht für einzelne Wohneinheiten.
Folgende Informationen muss ein Energieausweis für Bestandsgebäude enthalten:

  • Energiekennwerte über die Energieeffizienz des Gebäudes
  • Vergleichswerte zu anderen (vergleichbaren) Objekten
  • Empfehlungen zur Verbesserung der Energieeffizienz

Dabei stehen zwei Varianten zur Ermittlung der Energiekennwerte zur Verfügung: Der Bedarfs- und der Verbrauchsansatz. Beim Verbrauchsansatz berücksichtigt die Verbrauchsdaten von mind. drei aufeinander folgenden Abrechnungsperioden. Der Bedarfsansatz hingegen bewertet die energetische Qualität des Gebäudes bei Standardnutzung unter Berücksichtigung folgender Parameter:

  • Primärenergiebedarf
  • Gebäudeinformationen (Gebäudetyp, Baujahr, Wohneinheiten etc.)
  • Qualität der Gebäudehülle
  • Anlagenaufwandszahl
  • Endenergiebedarf

Die ausführliche Version des Energieausweises auf Bedarfsbasis enthält alle Details zum Gebäude, z.B. Maße, Aufbau von Wänden, Decken und der Heizungsanlage und ist vor einer Sanierung des Gebäudes sinnvoll. Ansonsten genügt eine Kurzversion mit Pauschalwerten aus der Typologie des Gebäudes und seiner Anlagen.
Handelt es sich um ein Nichtwohngebäude, müssen zusätzliche Energieverbraucher, also z.B. für Beleuchtung, Lüftung, Klimatisierung, berücksichtigt werden.
Wer den Energieausweis bis Ende September 2008 erstellt, kann für jedes Objekt nach dem Optionsmodell zwischen dem Bedarfs- und dem Verbrauchsausweis wählen. Ein Bedarfsausweis muss ab Juli 2008 erstellt werden, wenn das Wohngebäude maximal 4 Wohneinheiten hat und vor 1978 gebaut wurde oder wenn eine Sanierung durch Mittel der KfW gefördert wird. Die Wahlfreiheit bleibt allerdings erhalten, wenn das Haus durch eine Sanierung die Anforderungen der ersten Wärmeschutzverordnung erfüllt oder wenn es sich um ein Nichtwohngebäude handelt.
Der Energieausweis kann Vorschläge und Maßnahmen enthalten, wie die Energieeffizienz verbessert und der Energiebedarf gesenkt werden können. Die Umsetzung liegt allerdings im Ermessen des Eigentümers.
Generell ist aber zu sagen, dass der Energieausweis nur Informationszwecke verfolgt und keinerlei Ansprüche von Käufern oder Mietern begründen kann, wenn die darin enthaltenen Verbrauchswerte unter den aktuellen Werten liegen sollten.

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